Wie findet man den richtigen Sound für eine Marke?

Videoerklärung zur Findung des richtigen Sounds für eine Marke.

Was ist der passende Sound für eine Marke? Welche Rolle spielen dabei Markenwerte und was hat der Musikgeschmack der Kunden damit zu tun?

Zunächst muss man mal festhalten, dass eine Marke aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden kann.

Da gibt es einerseits das Selbstbild und andererseits das Fremdbild.

Das Selbstbild ist im Prinzip die Wahrnehmung oder teils auch Wunschvorstellung, welche die Markenmacher:innen von ihrer Marke haben.

Und diese Markenidentität wird häufig durch Eigenschaften wie Markenwerte oder Marken-Persönlichkeitsmerkmale beschrieben.

Das Fremdbild wiederum ist die Wahrnehmung einer Marke aus Sicht der Käufer:innen oder der Produktnutzer:innen. Also all derjenigen, die man als Markenabsender:in gerne ansprechen und gewinnen möchte — die sogenannte Zielgruppe.

Neben dem Selbst und Fremdbild gibt es noch weitere Rahmenbedingung die wichtig sind für eine Soundübersetzung wie die Wettbewerbsituation, Rechteklärungen aber auch technische Rahmenbedingungen.

Im Grunde genommen sind das schon die wichtigsten Perspektiven, welche für die Herleitung eines individuellen Audio-Branding oder Corporate-Sound wichtig sind.

Schauen wir uns mal im Detail mal an, welche Möglichkeiten wir jeweils haben:
1. Wer möchte klingen?
2. Wer hört zu?
3. Wie klingen »die Anderen«?
4. Technische Rahmenbedingungen und sonstigen Restriktionen

1. Wer möchte klingen?

Die Sound-Übersetzung des Marken-Designs (der zur Form gebrachten Identität)

Es sind damit alle (vor allem visuellen) Merkmale und Elemente gemeint, welche die Marke ausmachen. Also Corporate-Design-Elemente wie Logo, Farben, Bildsprache oder das Wording — die sogenannte Tone of Voice.

Oftmals liegt auch schon im Markennamen ein gutes Leitprinzip für den Markensound.

Zum Beispiel in der Art und Weise, wie die Marke ausgesprochen wird. Die Prosodie, also die Sprachmelodie, kann ein musikalisches Wiedererkennungsmerkmal werden oder bietet sonstigen Nährboden für kreative Ideen.

Es lohnt sich auch die Designelemente genauer anzuschauen und sich zu überlegen, wie diese rein formal klingen könnten?
Wie klingt hellblau, ein rundes Logo oder eine Wortmarke in »futura extra bold«?

Das hört sich erst mal recht abstrakt an — ist jedoch ein innovativer Ansatz der akustischen Markenübersetzung. Die Rede ist hier von sogenannten intermodale Analogien, welche jeder Mensch im Alltag verwendet. So spricht man im Alltag auch von einem »runden Wein« oder einem »dunklen Ton«. Diese intermodalen Analogien kann man ideal zur Übersetzung von visuellen Design-Elementen in erste Klangrichtungen verwenden.

Die Sound-Übersetzung des Produktes / Die Nutzung von Produktgeräuschen.

Auch die Produkte selbst können häufig als richtungsweisende Sound-Grundlage herangezogen werden. Beispielsweise, wenn es sich um Produkte handelt, welche Geräusche von sich geben wie Maschinen, Geräte oder Fortbewegungsmittel. Teilweise hat man sogar noch die Chance ein bestimmtes Gattungsgeräusch für eine Marke zu »belegen«, da es bisher noch kein anderer Hersteller getan hat (Beispiel Festool Produktgeräusche von Elektrowerkzeugen im Soundlogo, Flensburger Bügelflaschen-Verschluss).

Die Sound-Übersetzung der Marken-Werte

Die nächste Option der Übersetzungsmöglichkeiten ist, sich anzuschauen, wie die Marke bezüglich ihrer Werte und Charakteristik beschrieben ist.

Positionierungsmatrix von Audity GmbH

Marken Positionierung, Markenmodelle:

Brand-Archetypen (Auf Grundlage der Archetypen des bekannten Schweizer Psychoanalytiker Carl Gustav Jung).

Die Archetypen beschreiben die besonderen Eigenschaften der Marke (bzw. Wie diese gerne erlebt werden würde). Über die Archetypen kann man viel über den allgemeinen Umgang mit Soundelementen ableiten.

Man spricht hierbei dann von den Brand-Sound-Prinzipien.
Während ein »Betreuer« auf den Einsatz von vertrauten Sounds baut, kann es dem »Schöpfer« nicht innovativ genug sein. Und dabei ist jeweils nicht nur der Sound an sich gemeint, sondern auch der Umgang mit Sound (z. B. welche Tools werden beim Einsatz verwendet, welche Kommunikationskanäle werden genutzt bzw. sogar selbst neu kreiert?).

Inzwischen hat nahezu jede Marken- oder Brandingagentur ihre eigenen Positionierungsmodelle — welche sich alle sehr ähneln.

Im Grunde geht es bei allen Modellen darum, eine Marke in all ihren gewünschten Facetten und Eigenschaften zu beschreiben.

Take-aways:

💡 Alle Markenmodelle ähneln sich und die Übersetzung einer Marke in Sound ist nicht nur von Markenwerten abhängig.

💡 Kreativität und Innovationswille ist Pflicht um eine eigenständige akustische Markenidentät zu entwickeln.


2. Wer hört zu?

Wissen, welchen Sound die Kunden gerne hören.

Möchte man als Markenmacher wissen, was den Personen wichtig ist, welche den Marken-Sound in Zukunft hören werden, gibt es unterschiedlichste Möglichkeiten, wie die Zielgruppen verstanden werden können.
Wir treffen auf Ansätze von Markt- oder Sozialforschung bis hin zur Neuropsychologie. Manche Ansätze sind für unsere Sound-Übersetzung sehr gut geeignet, andere eher nicht.

Hinweis:
Bei allen Zielgruppen-Beschreibungen muss man immer berücksichtigen, dass musikalische Präferenzen auch einem Zeitgeist und je nach Marken-Positionierung Moden unterworfen sind. Diese Halbwertszeit sollte immer berücksichtigt werden. So manche Marken können Jahrzehnte lang denselben Song verwenden, bei anderen ist eine stilistische Abwechslung ein wichtiges Kriterium.

Welche Methoden aus der Markt- oder Sozialforschung sind wie gut geeignet?

Die bekannten Sinus Milieus sind nur eingeschränkt, da keine musikalischen Präferenzen berücksichtigt werden. Dagegen sind die »Schulze-Milieus in der Erlebnisgesellschaft« recht gut anwendbar, da auch Musik berücksichtigt wird (Anmerkung: leider etwas in die Jahre gekommen).

Zielgruppen Klassifizierung nach neuropsychologischen Ansätzen (Neuromarketing) — Gehirnforschung trifft auf Konsumentenforschung.
In diesem Ansatz versucht man, eine Marke so zu positionieren, dass sie mit emotionalen Motiven (und damit auch den Kaufentscheidungen) im Einklang steht.

Neben den klassischen Werkzeugen der Markt- und Sozialforschung lohnen sich zur Bestimmung von musikalischen Präferenzen der gewünschten Zielgruppe(n) auch Einsichten in das Hör- und Nutzungsverhalten der gewünschten Zielgruppe in Kanälen wie Spotify, Facebook, Instagram oder TikTok.

Welche Songs und Stile werden von der Zielgruppe häufig gehört?

Wie ist die direkte Interaktion von Beats und Tracks, beispielsweise bei TikTok?

All dies Informationen helfen dabei, die Zielgruppen besser zu verstehen und diesen als Marke mit dem richtigen (präferierten) Sound zu begegnen.

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1112224/umfrage/anzahl-der-visits-pro-monat-von-spotifycom/

Take-aways:

💡 Es einen Unterschied gibt, zwischen einem »es allen recht machen« (Musikpräferenz der Zielgruppe) und einer identitätsbasierten Herangehensweise (Markenidentität).

💡 Nur die Musik zu verwenden, welche eine Zielgruppe gerne hört, führt noch lang nicht zu einer akustischen Markenidentität.


3. Wie klingen die »Anderen«?

Tools & How-to

Es ist gut zu wissen, wie der Wettbewerb klingt. Zum einen, um Verwechslungen zu vermeiden und zum anderen um Nischen zu finden.

How to:

1. Recherche auf den öffentlich zugänglichen Kanälen wie Webseite, Sozial Media oder Presseberichten.

2. User-Interviews — welche Sounds von anderen Wettbewerber kann die Zielgruppe benennen?

3. Profi-Tools / Services nutzen

Hier gibt es gute Werkzeuge wie beispielsweise der »Audio-Logo-Database« der Audio Branding Academy (leider nicht mehr aktiv) oder dem »audity Brand Sound Archive« (bitte bei Interesse Kontakt aufnehmen: hello(at)audity.co).


4. Technische Rahmenbedingungen und Restriktionen

Häufig wird eine Soundidentität für ein Unternehmen entwickelt, welche neben der Markenkommunikation auch digitale oder physische Produkte unterstützen soll.

Hier sollten von Beginn an die technischen Rahmenbedingungen und mögliche Restriktionen berücksichtigt werden.

Randthemen

Was ist mit den Urheber, Nutzungs- und Verwertungsrechten?(Stichwörter: Urheberrecht, GEMA, Buy-out, Hörmarkenschutz)

War da nicht noch was mit AI? Erste Ansätze mit AI zur objektiven Bewertung oder zu Recherchezwecken von Musikstücken sind vielversprechend. Weitere Potenziela gibt es im Einsatz der Reduktion von menschlichen Fehleinschätzungen aufgrund subjektiver Meinungen oder um zu prognostizieren, welche Musikstücke von einer bestimmten Zielgruppe besonders gern gehört werden wird.

Takeaways / Summary

💡 Alle Markenmodelle ähneln sich und die Übersetzung einer Marke in Sound ist nicht nur von Markenwerten abhängig.

💡 Kreativität und Innovationswille ist Pflicht um eine eigenständige akustische Markenidentät zu entwickeln.

💡 Es gibt einen Unterschied gibt, zwischen einem »es allen recht machen« (Musikpräferenz der Zielgruppe) und einer »Identität« (Markenidentität).

💡 Nur die Musik zu verwenden, welche eine Zielgruppe gerne hört, führt noch lang nicht zu einer akustischen Markenidentität.

💡Nachdem ein Sound für eine Marke definiert und entwickelt worden ist, sollte dieser »wasserdicht« sein gegenüber Haftungsansprüchen Dritter und derjenigen der ihn entwickelt hat (Urheberrechte, Schutzrechte, Nutzungsrechte, Leistungsschutzrechte, Verwertung- und Aufführungsrechte).